Dr. Achim Zedler

Seit 2006 werden vom NABU-Kreisverband in jedem Winter regelmäßig Arbeitseinsätze zur Pflege und Wiederherstellung von Biotopen im Kreis Gießen durchgeführt. Dabei wurden Einsätze inzwischen in insgesamt 20 Biotopen durchgeführt. Davon soll im Folgenden berichtet werden.
Begonnen haben die Einsätze mit zunächst wenigen Personen, die händisch mit Hecken-, Gartenscheren und ähnlichem Gerät arbeiteten. Einen großen Schub bekamen die Bemühungen, als der Kreisverband 2010 einen Motorsägenkurs selbst veranstaltete und hierfür zwei Schulungsleiter aus Nordrhein-Westfalen gewinnen konnte. Dabei wurden sechs Personen an Motorsäge und Motorsense ausgebildet. Von diesen sind inzwischen immer noch zwei Personen (Martin Wenisch und Achim Zedler) aktiv dabei, während mit Oliver Tschirschnitz ein drittes Vorstandsmitglied ebenfalls über entsprechende Qualifikationen verfügt. Drei weitere Personen nahmen langjährig an den Arbeitseinsätzen aktiv teil, was leider nicht mehr möglich ist. Aus gesundheitlichen Gründen ist dies Karl-Ludwig Hildebrandt, inzwischen verstorben sind Hubert Hoffmann und Reinhard Gümbel. Beide haben bis kurz vor ihrem Tod aktiv hier mitgearbeitet. Weitere Mitglieder des Kreisvorstandes, die mehrmals aktiv beteiligt waren, sind Klaus-Peter Emrich und Eckhard Richter.
Seit einem Aufruf in den heimischen Tageszeitungen vor einigen Jahren haben sich Geocacher gemeldet und nehmen regelmäßig an den Einsätzen teil, die aus Naturschutzgründen nur zwischen Oktober und Februar durchgeführt werden können. Eine Ausnahme bildet der Streuobstbereich. Hier sind Maßnahmen ganzjährig möglich, finden aber in der Regel bis maximal Anfang April statt. Dabei stellen die Geocacher oftmals die zahlenmäßig größte Gruppe. Leider ist es bisher nicht ausreichend gelungen, junge Menschen für diese sehr erfüllenden Arbeiten zu gewinnen, auch nicht aus dem Kreis der inzwischen 9000 NABU-Mitglieder im Kreis Gießen. Das Alter der Teilnehmer aus NABU-Kreisen ist durchweg über 50 Jahre! Das Durchschnittsalter der Geocacher ist dagegen jünger. Die nahezu immer anwesenden Geocacher Patrick Pfeifer und Wilfried Schmidt organisieren auch die Teilnahme der Geocacher. Die Geocacher sind maßgeblich an den nachfolgenden Arbeitseinsätzen der Nummern 2, 3, 5, 6, 12, 13, 14, 15, 16, und 20 beteiligt gewesen! Die Tätigkeit ist sehr befriedigend, da man am Ende des Einsatzes wirklich Veränderungen im Gelände sieht und somit ein Ergebnis der eigenen Arbeit vor Augen hat. Viel Arbeitskraft wird dafür benötigt, das Schnittgut wegzutragen und ggf. auch vor Ort zu verbrennen.
Schwerpunkte der Tätigkeiten sind das Freistellen von Sonderstandorten, die durch menschliches Einwirken entstanden sind und nicht mehr wie früher genutzt werden. Hierzu zählen z.B. Steinbrüche, Sandgruben, Magerrasen und Feuchtgebiete.

Im Folgenden sollen die Arbeiten in den bisher bearbeiteten 20 Gebieten vorgestellt werden.

I. Pflege verbandseigener Gebiete:

  1. Steinbruch bei Langd
    Der Steinbruch wurde Ende der 2000er Jahre mit Geldern des NABU-Kreisverbandes (KV) erworben und an die Stiftung des NABU-Landesverbandes (LV) übergeben. Die Initialpflege erfolgte zusammen mit dem NABU/VNULL Langd in den Jahren 2010 und 2012. Dabei wurden auch größere Gehölze entnommen. Die weitere Pflege erfolgte durch den NABU/VNULL Langd. Ziel war und ist es, die Beschattungen von den Steilwänden zu reduzieren und die felsigen Untergründe freizuhalten, um seltenen Reptilien-, Amphibien- und Vogelarten Lebensraum zu geben bzw. zu erhalten.
  1. Alte Sandgrube bei Treis/Lda.
    2010 wurde diese durch Initiative von Karl-Ludwig Hildebrandt ebenfalls durch den NABU-Kreisverband erworben und in die Stiftung des NABU-Landesverbandes übergeben. Bis zu einer Erkrankung hat Karl-Ludwig das Gebiet als Treiser Bürger gemanagt, war oft vor Ort und versuchte, eine Pflege so gut wie möglich zu tätigen. Immer wieder rückte der NABU-Kreisverband jedoch an, um das Überhandnehmen des Bewuchses wieder zurückzudrängen. Schwerpunkte waren dabei der mit großen Sandsteinfelsen nach Süden exponierte Hang und das darüber befindliche Plateau mit flachen Tümpeln, die z.T. neu angelegt wurden, vor allem für Gelbbauchunken, die hier auch nachgewiesen wurden. Arbeitseinsätze des KV erfolgten 2010, 2016, 2019, 2022 und 2023. 2010 erfolgte die Initialpflege im Rahmen des eingangs erwähnten Motorsägenkurses, der hier und auch im Steinbruch Langd stattfand. Dabei wurden als Schwerpunkt größere Bäume vom Südhang entnommen.
  1. Feuchtgebiet im Salzbödetal
    Auch dieses Gebiet wurde vom KV finanziert und der LV-Stiftung übertragen. Der Erwerb geht auf Walther Wagner
    aus Salzböden zurück, der die Kontakte zu den ehemaligen Besitzern hatte und diese Flächen gerne für den Naturschutz sichern wollte, was dann 2012 gelang. In der Fläche findet eine der größten Grasfroschpopulationen im Kreis ihre Laichgründe und es ist ein Bestand an Geflecktem Knabenkraut vorhanden. Die immer wieder aufkommenden Weiden werden in regelmäßigen Einsätzen zurückgedrängt. Diese erfolgten 2012, 2015/16, 2020 und 2023. Langfristig wäre eine Schafbeweidung zu wünschen.
  1. Grundstück im FFH-Gebiet Hoher Stein bei Nordeck
    Es handelt sich um ein weitgehend bewaldetes Areal, was aber offiziell kein Wald ist. Es befindet sich im FFH-Gebiet Hoher Stein und wurde auf Initiative von Hans-Erich Wissner vom KV erworben und 2020 in den Bestand der LVStiftung überführt. In einer initialen Aktion wurde Müll und anderer Unrat aus dem Gebiet entfernt. Hierbei waren nahezu alle damaligen KV-Mitglieder beteiligt. Da durch das Gebiet keine offiziellen Wege verlaufen, ist nach erhaltener Auskunft keine Wegesicherung nötig. Auf dem Nachbargrundstück befindet sich eine Quelle. Es wurden Lesesteinhaufen angelegt, damit sich ggf. wieder die Geburtshelferkröte ansiedeln kann, die hier früher vorkam.

II. Naturschutzgebietspflege im Auftrag des Forstamtes Wettenberg u.a. Behörden

  1. NSG Jossoler
    Hier wurden in 3 Wintern 2015, 2016/17 und 2018 Gehölzentnahmen durchgeführt, um den Lebensraum für
    Ameisenbläulinge wieder zu verbessern.
  1. NSG Oberes Verstal
    Es gab 2 getrennt voneinander stattgefundene Einsätze. 2015 wurde ein ehemaliger Basaltsteinbruch wieder freigestellt. 2019 folgte in einem Nebenarm des Oberen Versbaches das Zurückdrängen von ausgedehnten Schlehenhecken.
  1. NSG Lumdatal
    2018 wurden im Feuchtgrünland am Rand der Gewässer Weiden entnommen.
  1. NSG Hoher Stein
    2023 wurde der ehemalige Steinbruch an seinen Steilhängen und im inneren Plateau wieder durch lediglich 2 Personen zu 80% freigestellt, um diesen für Kriechtiere wichtigen Lebensraum wieder funktionstüchtig werden zu lassen.
  1. VSG Lahnaue
    2007 wurde ein Motorsenseneinsatz an Schifflach Ost und West und der Kinzenbacher Lache erforderlich, um
    zuwachsende Uferbereiche von Weiden zu befreien.

III. Biotoppflege im Auftrag der LPV Kreis Gießen

  1. Lich-Kirchberg
    2012 und 2013 erfolgten Freischneideaktionen ehemaliger Magerrasenhügel, die komplett mit vor allem Schlehen
    zugewachsen waren. Inzwischen brüten dort immer wieder Turteltaube und Wendehals.
  1. Lich-ehemalige Bahntrasse
    Ein Abschnitt der ehemaligen Bahntrasse nahe dem Niederried wurde im Winter 2015/16 von Hecken befreit. Auch
    hier brütete bereist im Folgejahr die Turteltaube.
  1. Großen-Buseck-ehemaliger Steinbruch „In den Stöcken“
    Dieser völlig zugewachsene ehemalige Steinbruch wurde 2018 und 2019 komplett freigestellt und aller Unrat, inklusive vorhandener Zaunreste entfernt.
  1. Grünberg/Brunnental
    Im Winter 2021/2022 wurden ein Hang im historischen Brunnental am Stadtrand von Grünberg mit Freischneidern
    gemäht und einige kleinere Bäume entfernt.
  1. Steinheim/Kaltenrain
    Im Winter 2022/2023 wurden zugewachsene Flächen eines der größeren Streuobstflächen des Kreises am Kaltenrain
    wieder freigestellt und die noch vorhandenen alten Hochstammobstbäume wieder funktionell ertüchtigt.

IV. Biotoppflege durch Eigeninitiative

  1. Steinbach-Annawiesen
    Seit 2006 werden hier alljährlich Maßnahmen in den Flächen der Evangelischen Kirchengemeinde Steinbach
    durchgeführt. Zunächst erfolgte dieses als Unterstützung von Rolf Engel vom NABU Steinbach, der dieses jahrzehntelang nahezu in Eigenregie durchgeführt hatte und ab 2011 dann in Eigenregie durch den Autor, seit 2013 auch immer wieder mit Unterstützung durch den KV und die Geocacher. Diese helfen dann am Ende der Schnittsaison, meist im April, das angefallene Schnittgut wegzutragen, sind aber auch gerne bei den Baumpflanzungen dabei, wird dann doch mal nichts umgesägt. Es sind inzwischen knapp 300 Bäume vorhanden, wobei 90 nachgepflanzt wurden. Bei 210 Bäumen handelt es sich um alte Hochstammbäume. Es fehlen die Bäume mittleren Alters.
  1. Steinbach-Annasteiche
    Nachdem ursprünglich der Obst- und Gartenbauverein (OGV) Steinbach sich der Pflege der zwei Teiche angenommen hatte und diese zu verlanden drohten, wurde vom OGV ein Antrag auf Vertiefung gestellt. Dieser wurde von den Behörden abgelehnt, worauf der OGV die Arbeiten an den Teichen einstellte und auch später nicht mehr zusammen mit dem NABU die Pflege übernehmen wollte. Die Ufer wuchsen immer mehr zu, vornehmlich mit Weiden und der Verlandungsprozess nahm zu. Nach Gesprächen mit dem OGV und dann der besitzenden Gemeinde und den Behörden, wurde ein neuer, abgewandelter Antrag durch den KV gestellt, bei dem eine nur moderate Ausbaggerung beantragt wurde, da die Teiche im Wasserschutzgebiet liegen. Dieses wurde genehmigt. 2022 erfolgte dann ein Arbeitseinsatz des KV, zusammen mit den Geocachern und der Licher Brauerei, wobei sage und schreibe 26 Personen halfen. Nach 3 ½ Stunden waren die Ufer freigestellt. Ein Bagger der Gemeinde Fernwald besorgte dann das moderate Ausbaggern. Die Teiche sind Laichgewässer von Erdkröte, Grasfrosch, Teich- und Bergmolchen und Lebensraum einiger Libellenarten. Auf der anderen Seite der angrenzenden Kreisstraße wird vom NABU Steinbach seit Jahren ein Amphibienzaun betreut, bei dem bis über 500 Amphibien gerettet wurden.
  1. Steinbach-Rechts im Rod
    2007, 2011/2012 und 2017 wurden Uferbereiche von Weiden und vor allem Schwarzerlen befreit, um Laubeintrag
    und Schattenwurf zu reduzieren. Auf der vorhandenen Insel können Pflegemaßnahmen jedoch nur bei Eisgang durchgeführt werden, was zuletzt nicht mehr vorkam. Auch dieser Teich ist Lebensraum für Amphibien und Libellen. Das Teichhuhn und der Baumpieper sind Brutvogel und zur Zugzeit finden sich immer wieder rastende Bekassinen.
  1. Lich/Niederried
    Dieses wertvolle zum Natura-2000-Lebensraum gehörende Gebiet im Besitz der Naturlandstiftung, drohte weiter zu verlanden. Zusammen mit dem NABU Lich wurde 2013 eine Gehölzentnahe aus dem Schilfbereich durchgeführt. Dieses war eine Initialzündung; denn nun übernahm die Naturlandstiftung wieder die Pflege, führte mehrere großräumigere Gehölzentnahmen durch. In Zusammenarbeit mit dem RP Gießen wurde dann eine starke Gehölzentnahme und teilweise Schilfmahd durchgeführt. In den nächsten Jahren sollen Damm und Mönch sowie die Zuläufe ertüchtigt werden, da der Wasserstand auch nach dem reichhaltigen Regen des Herbstes und Frühwinters 2023 noch nicht zufriedenstellend ist.
  1. Steinheim/Wingertsberg
    In einer einmaligen Aktion wurden in einem nahe dem NSG Gänsweid gelegenen kleinen Streuobstareal 2021 alle Misteln aus den Bäumen entfernt. Vor allem geschah dies an einem ca. 80 Jahre alten Hochstammapfelbaum, der abzusterben bzw. umzukippen drohte wegen starker Kopflastigkeit. Das Gebiet ist stetiges Brutrevier des Wendehalses.
  1. Langgöns/Wingert
    Das neueste Projekt geht auf die Initiative von Martin Wenisch zurück. Eigentlich als Ausgleichsmaßnahe der Gemeinde festgelegt, ist hier noch nichts bisher erfolgt. 2023 wurde mehr als die Hälfte des südexponierten Hanges und der oberen Hangkante mit Hilfe der Geocacher freigestellt. Die Arbeiten erfolgen in Abstimmung mit der UNB Kreis Gießen und der BVNH, da an den Hängen seltene Pflanzen vorkommen. Innerhalb des Steinbruchgeländes sind jedoch auch Flachgewässer vorhanden, die in weiteren Arbeitsschritten ebenso wie die weiteren Hänge noch freigestellt werden müssen.

Die Abbildungen im Folgenden, die beispielhaft die Arbeiten zeigen: