PM vom 05.09.2025

Wie ist es im Kreis Gießen um die 5 Kandidaten bestellt?

(NABU) Seit dem 2. September können Vogel- und Naturfreunde sich an der Wahl zum „Vogel des Jahres 2026“ beteiligen. Zur Wahl stehen: Amsel, Rebhuhn, Schleiereule, Waldohreule und Zwergtaucher.  Auf der Homepage des NABU Deutschland kann man sich ausführlich über die Kandidaten, ihre Lebensräume und ihren Gefährdungsstatus informieren und natürlich auch seine Stimme abgeben. Doch gibt es diese Vögel auch im Kreis Gießen und wie geht es ihnen hier bei uns? Auf diese Fragen gibt der, gerade vom NABU-Kreisverband Gießen herausgegebene 34. Band des „Vogelkundliche Jahresberichts“ sowie die Avifauna „Die Vogelwelt des Kreises Gießen – historischer Rückblick und aktueller Bestand“ von 2019 Auskunft.

Die Amsel, bis vor etwa 100 Jahren noch ein scheuer Waldvogel, finde man heute zahlreich in jeder Ortschaft. Eine Kartierung in Fernwald-Steinbach durch Achim Zedler erfasste 166 Brutreviere auf einer Fläche von 66 ha. Dies entspricht in etwa den vorangegangenen Zählungen von 2019 und 2009, der Bestand ist also konstant geblieben. Bei Zählungen auf  8 Probeflächen in Schutzgebieten, die jedes Jahr durchgeführt werden, ergibt sich für die letzten Jahre ein deutlich negativer Trend: 2021 und 2022 wurden dort noch insgesamt 127 bzw. 125 Brutreviere festgestellt. 2023 waren es noch 116 und 2024 nur noch 95 Brutreviere. Ob es sich hier um Verluste durch das Usutu-Virus handelt, lässt sich nicht feststellen.

Rebhuhn: Das Rebhuhn war bis in die 60iger Jahre hinein ein jeder Feldgemarkung zahlreich anzutreffen. Im Winter wurden sie bejagt und zum Teil zu Hunderten „zur Strecke gebracht“, ohne dass dies den Bestand negativ beeinflusst hätte. In den 70iger Jahren reduzierte sich der Bestand um ein Drittel und brach nach dem Katastrophenwinter 1978/79 stark ein. Daraufhin wurde Anfang der 80iger Jahre die Bejagung in den meisten Revieren eingestellt. Durch die Intensivierung der Landwirtschaft fehlt es dem Rebhuhn an Unkrautsamen und Rückzugsräumen. Die Flächenversieglung, eine Zunahme von Nesträubern wie Fuchs und Waschbär und auch ein erhöhter Freizeitdruck auf die Feldgemarkungen taten ein Übriges, um die Zahl der gemeldeten Bruten kontinuierlich zurückgehen zu lassen. Derzeit ergibt sich ein zweigeteiltes Bild: Im nördlichen Kreisgebiet ist das Rebhuhn sehr selten geworden und in einigen Gemeinden bereits ganz ausgestorben. Im Westen und Südwesten des Kreisgebietes dagegen profitiert es von den Schutzprojekten für den Feldhamster und auch speziell für das Rebhuhn. So wurden dort 2022 bei gezielten Erhebungen durch die HGON 183 Brutreviere festgestellt.

Die Schleiereule weiß, ähnlich der Amsel, menschliche Siedlungen für sich zu nutzen. Sie brütet gerne in Kirchtürmen oder alten Scheunen. Ihre Bestand und auch die Anzahl der Bruten schwankt stark mit der Verfügbarkeit ihrer Hauptnahrung, nämliche den Mäusen. So wurden Anfang der 2000er Jahre in guten Mäusejahren 25 – 40 Bruten im Kreis gezählt, in schlechten Jahren nur 16 – 21 Brutpaare. In den schneereichen Wintern 2011/12 und 2012/13 kam es dann zu einem fast vollständigen Zusammenbruch des Bestands, von dem sich die hübschen Eulen kaum erholten. So wurden in den Jahren 2018 und 2019 nur je zwei Brutpaare gemeldet. Seit 2020 wurden wieder 6 – 10 Bruten festgestellt, im letzten Jahr waren es 7 Bruten. Von einer echten Erholung des Bestands kann leider noch nicht die Rede sein.

Die Waldohreule ist dagegen ein Bewohner lichter Wälder und Parks. Da sie, wie alle Eulen, hauptsächlich Nachts unterwegs ist, werden sie und ihre Brutplätze nur selten nachgewiesen. In den letzten Jahren wurden nur 1 – 6 Brutreviere gemeldet. Das ist sicherlich nur eine Teil des Gesamtbestands. Sollte die Waldohreule zum Vogel des Jahres 2026 gewählt werden, würde dieser heimlichen Art endlich mehr Aufmerksamkeit gewidmet.

Der niedliche kleine Zwergtaucher braucht zum Brüten Stillgewässer mit sauberem Wasser und einer Ufervegetation, in der er sein Nest gut versteckt bauen kann. Dies findet er im Kreis Gießen in mehreren Teichen und Seen aber auch im Licher Waldschwimmbad. Anfang der 2000er Jahre wurden noch 50 – 60 Brutpaare an den Gewässern gezählt. Nach einem deutliche Rückgang zwischen 2015 -19 wurden in den letzten fünf Jahren zwischen 27 – 39 Bruten festgestellt. Im Winterhalbjahr sind die Zwergtaucher dann auch auf der Lahn zu sehen. Das heißt, meistens zeigen nur ein paar Ringe im Wasser an, wo gerade so ein Zwerg abgetaucht ist…

Alle fünf Kandidaten finden im Kreis Gießen noch einigermaßen gute Bedingungen vor, könnten aber durchaus Unterstützung gebrauchen, damit dies auch so bleibt. Wählen Sie bis zum 9. Oktober, 11 Uhr Ihren Favoriten auf www.vogeldesjahres.de und bekunden damit auch Ihr Interesse daran, dass die Lebensbedingungen für alle fünf Arten erhalten bleiben oder verbessert werden.

Text: Lioba Krämer

Fotos: Pressestelle des NABU Deutschland www.NABU.de/medieninfos-vogelwahl