Die ersten Details des neuen Entwurfs des Regionalplans Mittelhessen liegen vor. Der NABU-Kreisverband Gießen stellt hierzu fest, dass es sich um eine nicht zukunftsfähige Planung aus dem vorigen Jahrhundert handelt, als ob es keine Klimakatastrophe, keine Überschwemmungen wie zuletzt im Ahrtal, keinen Artenschwund, der auch die Grundlagen menschlicher Existenz bedroht, keine Wasserknappheit usw. gäbe.
Regierungspräsident Christoph Ullrich sagte hierzu, man müsse alle Interessen unter einen Hut bringen und abwägen. „Was hier geschehen ist, liest sich jedoch wie das Wunschkonzert der Kommunalpolitiker und Wirtschaftslobbyisten“, so der NABU-Kreisverband in einer Pressemitteilung. Der Flächenverbrauch für Versiegelungen (Wohnen, Gewerbe und Verkehr) gehe fast ungebremst weiter. Gerechtfertigt werde dies mit den Vorgaben der Landesregierung, dass hessenweit nicht mehr als 2,5 ha Fläche pro Tag überbaut werden sollen. Erst in späteren Jahren solle gar kein neuer Flächenverbrauch hinzukommen. „Das wird zu spät kommen“, konstatiert der NABU: „Denn wieder weicht die Politik dem Druck der Wirtschaft und verfolgt weiterhin das Ziel eines kurzfristigen Wirtschaftswachstums. Mittlerweile ist jedoch klar, dass durch diese Art des Wirtschaftsdenkens das derzeitige Leben auf unserem Planeten keine Zukunft hat.“ Der NABU sieht die Steuerungsfunktion des Regierungspräsidiums Gießen und der zuständigen Regionalversammlung ad absurdum geführt. „Die Verantwortlichen kommen ihrer Funktion einer übergeordneten Kontrolle von lokalen Planungswünschen nicht nach und tragen dazu bei, erneut einen nicht zukunftsfähigen Regionalplan für die kommenden zehn Jahre zu verabschieden.“ In der Regionalversammlung sitzen überwiegend L okalpolitiker, die dann als „Kontrollgremium“ ihre eigenen und die Wünsche ihrer Kollegen abnicken.
Der NABU fordert eine Abkehr von bisherigen Denkweisen hin zu einem wirklich nachhaltigen Handeln. Das steht zwar zum Teil in den Ausführungen des Regionalplans auch beschrieben, nur werden keine Konsequenzen daraus gezogen. Es sollen z. B. weiterhin beste Böden zugebaut, kein ausreichender Retentionsraum geschaffen und keine Grundlagen für eine Siedlungsentwicklung ohne weiteren Flächenverbrauch entwickelt werden. Zudem fehlt eine Weichenstellung für eine wirkliche Verkehrswende − ohne weiteren Ausbau der Verkehrswege für den Individualverkehr und stattdessen einem konsequenten Ausbau des öffentlichen Verkehrs. „Der vorliegende Planentwurf stärkt die üblichen althergebrachten Strukturen im Sinne eines „Immer weiter so“.
Im Gegensatz zum Regionalplan-Entwurf hebt der größte Naturschutzverband des Landkreises die Stadt Gießen positiv hervor: „Hier hat die Stadtpolitik nach Druck aus der Bevölkerung 135 ha Gewerbefläche aus dem Regionalplan abgemeldet und einen Bebauungsplan für den 40 ha großen Gewerbepark Lützellinden vor gut einem Jahr aufgehoben.“
Der Entwurf des Regionalplans wird ab Januar öffentlich ausgelegt. Jeder kann dazu begründete Eingaben beim Regierungspräsidium einreichen. Der NABU ruft alle Interessengruppen dazu auf, in Stellungnahmen auf eine nachhaltigere Planung zu drängen.